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„Les Spectateurs“ – „Die Zuschauer“

Inhaftierte in Siegburg arbeiten mit am Found-Footage-Film Projekt

Zu vorgegebenen Themen wird vorhandenes Filmmaterial von den Inhaftierten zu neuen Kurzfilmen zusammengeschnitten.

Dieses Projekt findet im Rahmen der Grundtvig Lernpartnerschaft „Education – Cinema – Archive“, einem EU-Bildungsprogramm,  in verschiedenen Gefängnissen der Partnerländer statt, u.a. Quatre Camins Prison (Barcelona), JVA Bollate (Mailand), JVA Les Beaumettes (Marseille), JVA Siegburg in Zusammenarbeit mit der Filmhochschule Oslo (Norwegen)

Ziel ist, über Ländergrenzen hinweg an einem Thema zu arbeiten, sich über Theorie, Praxis und Methoden kultureller Bildungsarbeit im Justizvollzug auszutauschen  und die Beiträge dieser Netzwerkarbeit dann der Öffentlichkeit zu präsentieren. Das Projekt ist angelegt über zwei Jahre. Die Ergebnisse werden bis 2013 auch im Rahmen verschiedener Festivals in den Kulturhauptstädten Marseille und Kosice (Slowakei) sowie im Rahmen eines runden Tisches zum Thema „Kunst und Kultur  im Gefängnis“ in Wuppertal  gezeigt, um eine Brücke zu schlagen zwischen „Drinnen - In“ und „Draußen - out“.

Als Partnerorganisation fungiert für die JVA Siegburg der Verein „Unter Wasser fliegen“ (Wuppertal). Vor Ort wurde das Projekt geleitet von  Kordula Lobeck de Fabris (Unter Wasser fliegen e.V.), Gefängnisseelsorgerin Angelika Knaak-Sareyko (JVA Siegburg), Dipl.-Päd. Michael Baucks (JVA Siegburg) sowie Gästen aus Frankreich (Lieux Fictifs).

Das Archiv des Nationalen Französischen Fernsehen (INA) stellt der französischen Partnerorganisation Lieux Fictifs und damit den übrigen beteiligten Lernpartnern Archivmaterial aus ihrem Bestand zur Verfügung. Filmarchive fungieren als kulturelles Gedächtnis.

Die Partnerorganisationen haben zu dem übergeordneten Thema „Frontières – Grenzen“ Material zu drei Themenbereichen ausgesucht. Der erste Themenbereich umfasst Rassentrennung und Apartheit in Südafrika, der zweite das Unsichtbare in der Natur (unter Wasser, unterm Mikroskop…), der dritte Gewalt in und an der Natur und am Menschen.

Den Einstieg in die Projektarbeit bildet der Stummfilm „Der Immigrant“ mit Charly Chaplin, in dem das Thema „Grenzen“ in vielfältiger Weise wiederzuerkennen ist.

Im Anschluss wird das ausgesuchte Archivmaterial (40 Minuten) von den  Teilnehmern des Projektes gesichtet und zu Kurzfilmen von 2 Minuten neu zusammengesetzt. Mit vier Leitfragen geht es in die weitere Arbeit. Die Teilnehmer lernen dabei etwas über den Hintergrund des Filmarchivs, wählen Bilderstrecken aus, schreiben zu ihrem ausgewählten Material eine neue Story, erstellen eine Schnittliste und schreiben ein Storyboard. Sie legen eine Tonspur dazu an, auf die sie ihre selbst erarbeiteten Texte sprechen. Auf diese Art wird das fremde Material aus den Archivfilmen umgedeutet und mit Gedanken des eigenen Erlebens und der eigenen Lebenssicht zusammengebracht.

 

O-Ton von teilnehmenden Gefangenen:

„Es hat mich schockiert, wie damals mit der Rassentrennung umgegangen wurde!“

„Von 1959 bis 2011 hat sich zwar einiges geändert; ein Schwarzer ist Präsident in Amerika, in Afrika war die Fußballweltmeisterschaft, die Welt ist ein Stück zusammengerückt, aber es besteht immer noch viel Rassismus. Ich höre es hier trotzdem jeden Tag, ob „Neger“, „Kanacke“ oder „Kartoffel“, irgendetwas hört man immer.“

„Es war beeindruckend, dass selbst Leute aus fremden Ländern (Frankreich) anreisen, um uns ein wenig von der Kunst des Filmens beizubringen.“

„Bei der Arbeit mit den Franzosen konnte ich endlich einmal meine Englischkenntnisse einbringen.“

Bilder zum Found-Footage-Film Projekt „Les Spectateurs“ – „Die Zuschauer“: