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Tausend Geschichten, tausend Versuche dem Fest, dem ja eigentlich kirchlichen Fest, etwas in der modernen Zeit abzugewinnen. Ich bin schon fast ein Dauerschreiber zur Weihnachtszeit geworden.

Geschichten habe ich in Worte gefasst, auf der Suche nach einer Weihnachtsgeschichte, einer Erzählung über mein Weihnachten zur Kinderzeit und nun, am Tag vor dem Heiligen Abend sitze ich schon wieder über Papier gebeugt und denke an eine Weihnachtsgeschichte, die so einfach nicht ihre Buchstaben aufreihen will, widerwillig ist sie, meint ihren Sinn würde sowieso niemand verstehen und außerdem habe sie keinen Hang, als Weihnachtsprostituierte daher zu kommen. Nur würde sie schon jemand wollen, sie mögen, ihr Sinn abgewinnen können? Erschwerend, was meine Arbeit betrifft ist, diese Geschichte käme erst nach Weihnachten der Öffentlichkeit zu Gehör, könnte erst nach den Feiertagen gelesen werden.

Für so einen Unsinn gäbe sie sich nicht her. Eine ordentliche Weihnachtsgeschichte gehört sich zu Weihnachten gelesen oder angehört. Bäh, nun komm, sei friedlich, versuche ich sie zu beruhigen. Mir zum Gefallen könnte sie doch eine Ausnahme machen. Nee, meint sie, ihre Rücksprachen mit den Kirchen und der Gewerkschaft, es gab auch Stellungnahmen des Bundespräsidenten und der Angie-Kanzlerin, hätten sie bestärkt, ganz auf Verweigerung zu bestehen und kein Wort zuzulassen. Mein Einwand, die Enttäuschung, wenn am bunten Mittwochabend keine Weihnachtsgeschichte verlesen werden würde, könnte bei den Teilnehmern seelische Schäden hervorrufen, der Abend könnte in Traurigkeit versinken, Frustration würde sich breit machen, wischt sie gnadenlos beiseite und merkt an, dass sie diese Gefühle sehr gut kennen würde. Ihre Gefühle und Befindlichkeiten würden durch ständig Spritzgebäck und andere, Geräusche erzeugenden Süsskramarten, kauende Dumpfbacken, die eh oft kein Wort Deutsch verstünden, ich wüsste schon, "People mit Migrationshintergrund" und so, auf das Empfindlichste verletzt werden. Und dann am Schluss, immer die deutlich wahrnehmbaren "Endlich-ist-es-vorbei-Seufzer", die das Aufatmen der Menge signalisierten. Nein, danke, meint sie, kein Interesse.

Ich greife zum letzten Mittel, mache auf Mitleid mit mir armem Autor, der nichts vorzuweisen hätte, wenn sie bei ihrem Nein bliebe und dann diese Blamage, diese Bloßstellung vor all den Leuten. Er kann es nicht mehr, höre ich die Menge flüstern. Als Antwort schildert sie mir den letzten Vorleseabend, der mehr einer Nussknackersuite glich, na ja, waren ja auch alles Justizbeamte, sogenannte AVD's, ständig wurden Erdnüsse und andere störenden Schweinereien geräuschvoll, erst geknackt und dann lautstark zum Teil schmatzend verzehrt. Mein Einwand, am Mittwoch säßen nur Leute vom Fach, also Weihnachtsgeschichtenexperten, in der Runde, macht nur bedingt Eindruck.

Dann entringt sich ihr ein Vorschlag, den ich aufatmend übernehme, habe ich doch so wenigstens etwas Text, den ich verlesen kann. Ihre Idee ist völlig neu, der Autor im Zwiegespräch mit seiner Weihnachtsgeschichte. Sie wird gern kommen und ihren Diskussionsbeitrag liefern. Auch Nachfragen am Schluss wird sie zulassen. Aber, vor diesem Aber habe ich die ganze Zeit gezittert, jetzt kommt das Aber. Ich sollte mir darüber im Klaren sein, einfach wird die Diskussion für mich nicht werden. Ihre Drohung, Einzelheiten über mein Privatleben auszuplaudern und dann um rege Debatte zu bitten, lässt mich mit Schnappatmung unter den Tisch sinken und da liege ich immer noch...